Young Voices Old Music

Wenn man sich mit dem Thema „Young Voices – Big Difference“ so im Alltag auseinandersetzt, werden die meisten Leute vermutlich bei dem englischen Wort „Voices“ zunächst direkt an ein Hören-und-gehört-werden denken. Dabei ist natürlich meist gemeint für eine spezielle Sache zu stehen und in dieser kontextgerichtet für ein höheres Ziel seine Stimme zu erheben. Der Ursprung des deutschen Wortes „Stimme“ wird heute vermutet sich aus dem griech. Wort Stoma abzuleiten, was nichts anderes als Mund bedeutet.

Doch wie bei allem im Leben gibt, es nicht nur die eine Möglichkeit einen Sachverhalt einseitig zu betrachten. Was, wenn Leute wirklich versuchen mit ihrer alleinigen Stimme im wahrsten Sinne des Wortes einen Teil zu leisten und einen Unterschied zu machen. So mancher wird nun wohl direkt an die Reden seines Lokalpolitikers denken, oder an den Sprecher im Stadion seines Herzenssvereins und all jene haben damit auch Recht.

Doch in dieser, meiner anderen Perspektive, soll es um Victor gehen, der gemeinsam mit seinen Freunden ein Mitglied und Gründer des Vocalsensembles Millenium ist, in welchem er schon im jungem Alter Konzertauftritte durch das ganze Land bestritt.

Aber wie kam es eigentlich dazu?

Victor Friebel erblickte am 12.12.2000 in Görlitz das Licht der Welt. Görlitz ist eine Stadt in Sachsen, an der ostdeutschen Grenze zu Polen, mit circa 55.000 Einwohnern. Es ist außerdem die Stadt in welcher er bis zu seinem 10. Lebensjahr seine als „normal verlaufen“ beschriebene Kindheit durchlebte. Seine Eltern sind beide Musiker am Theater, was ihn  früh mit Musik sozialisierte. Im Alter von 9 Jahren bewarb er sich erstmalig um einen Platz im „Dresdner Kreuzchor“, ein über 800-jähriger  in Dresden ansässiger Knabenchor, und zog anschließend, nach Bestehen der Prüfungen, in das hauseigene Internat. 2019 schloss er sein Abitur am evangelischen Kreuzgymnasium in Dresden ab. Doch Victor bricht während seiner Jugend direkt mit einigen klassischen Klischees eines Chorknaben, er habe es zwar „immer gefeiert diese Musik mit den Jungs zu singen, aber man hatte jetzt nicht so einen starken Bezug zur Bibel und teilweise zu dem Leben, dass der Chor mit sich bringt“, so Victor selbst. Allein musikalisch beschreibt er seine damalige Prägung in der Freizeit, eher auf anderen Musikrichtungen wie Hip-Hop basierend, oftmals zu Verwunderung des Publikums der eigenen Konzerte. „Du hattest irgendwann Arbeitszeit und du hattest Freizeit, aber das wurde dann schon separat gehalten,“  führt er weiter aus.

Bereits zwei Jahre vor seinem sicheren Austritt aus dem Chor, durch  Abschließen des Abiturs, gründeten er und seine Freunde ein eigenes kleines Vocalensemble. „Das war einfach eine coole Sache wir hatten das bei den Älteren gesehen und dachten uns: cool,  das wollen wir auch“. Das Ganze entstand wohl sehr spontan in einer Runde der Jungs in der Hofpause, denn sie sollten auf einem Geburtstag singen. So brachte dieser Geburtstag den Stein ins Rollen, bis sie nun letztendlich über einige weitere Konzertreisen in den Sommern kommenden Jahren bei der Produktion ihrer ersten eigenen CD angelangt sind. „Wir wurden ganz häufig am Ende eines Konzertes gefragt, ob wir nicht etwas zum Mitnehmen hätten, und das mussten wir leider bisher immer verneinen.“ Doch jetzt war es für die Jungs „an der Zeit“, sie fanden einen passenden Tonmeister, alle Mitglieder hatten Zeit und lediglich das Geld fehlte ihnen. Nach kurzem Überlegen beschlossen die Jungs ein Crowdfunding Projekt zu starten, welches am 29.05.2022 erfolgreich auslief. Das Mindestbudget von 3,500 Euro wurde nach eigenen Angaben sogar übertroffen. Victor führt daraufhin aus, dass alle anfänglich „sehr gespannt waren, ob das Projekt zu Stande kommt oder auch nicht“.  

Zum einen ist es für die Jungs eine schöne Sache mit allen zusammenzukommen, Zeit miteinander zu verbringen und gemeinsam zu musizieren aber zum anderen versuchen Sie mit ihrer Musik etwas weiterzugeben:  wir versuchen, dem Zuhörer mit unserer Musik etwas zu bieten, was andere nicht können“. Die CD beinhaltet sowohl  geistliche- als auch weltliche Lieder. So, dass  jeder Anlass hier vokal abgedeckt sein sollte. Das selbsternannte Ziel ist es: “Den Leuten ein Stück unserer Musik nach Hause zu bringen, um beim Abschalten zu helfen oder einfach nur eine Freude zu bereiten.”  

In einem so jungen Alter bereits eine eigene CD zu produzieren, hebt Victor und seine Jungs sicher schon von vielen ihres Alters ab. Doch noch mehr ist es die Tatsache klassischen vokalen Ensemblesound herauszubringen und keine, vermutlich mehr erfolgsversprechenden Genres  wie Rap oder Techno beispielsweise.

Wodurch sich der Vokalgesang von eben jenen Genres unter anderem stark unterscheidet, ist die Zuhörerschaft. Junge Leute, anfangs 20 , stellen eine Rarität in ihren Konzerten dar. Victor beschreibt den „Prototyp eines Millenium Zuhörers, irgendwo zwischen 40 und 100 Jahren, aber meist um die 50 bis 60 Jahre herum. Victor erklärt sich das mit der „unterschiedlichen kulturellen Prägung der Generationen“. Er beschreibt, dass die Leute früher eine höhere Verpflichtung gegenüber der Kirche hatten, da dies so unabdingbar als vorgeschrieben galt. „Kaum jemand der heutigen Jugend geht regelmäßig in klassische Konzerte, Theater oder die Oper,“ so  Victor. Wieso es bei ihm und seiner Gruppe anders ist, begründet er allen voran mit dem  Aufwachsen und seiner Zeit im Chor, welche ihn bis nach Russland oder China brachte. „Ich habe da einfach von Anfang an ein Abenteuer gesehen, und wenn man älter wird und realisiert, was das den Zuhörenden wirklich bedeutet ist das nur umso schöner,“  so Victor selbst.“

Auf die Frage hin, ob er sich manchmal auch eine jüngere Zielgruppe wünschen würde, antwortet er sehr schnell und sehr entschlossen: „das Ganze ist für mich mittlerweile ja eine erwartete Sache, aber ich finde es tatsächlich einfach nur schön, dass es überhaupt Leute gibt, die sich sowas überhaupt anhören, ich meine das vokale Musizieren schwindet immer weiter und, dass  es überhaupt noch so viele Leute gibt, die sich daran erfreuen können,  ist für mich eigentlich schon die besondere Sache. Selbst wenn die Kirche mal nur halbvoll ist. “

Er erzählt weiter, dass egal wo er singt oder spielt, sobald die Leute im Publikum glücklich sind, lächeln oder applaudieren, „dann ist es der Moment, wo ich sehe wieso ich das mache, denn Musik verbindet. Denn ich erreiche dann die Personen und sobald man selbst nur eine Person erreicht, hat man schon was Großes geleistet und einen Unterschied gemacht.“ Victor gibt an bereits etwa, um die 100  Auftritte absolviert zu haben, und verweist auf die Menge der erreichten Menschenselbst, wenn  mal „nur 20-40“ Zuschauer anwesend waren. Wenn er sich dies vor Augen hält, zieht er daraus seine Motivation für kommende Projekte.

Generell wünschte  sich Victor, gerade von jugendlichen, mehr soziales Engagement so, dass  mehr junge Leute anfangen mehr zu geben mit dem Gedanken Freude zu teilen selbst,  wenn es „nur Kleinigkeiten sind“. Doch von einer Pflicht der jüngeren Generation möchte er nicht sprechen und geht sogar so weit und beschreibt es als das Gegenteil des wünschenswerten Zustands. „Es darf niemals aufgezwungen sein, dass muss aus dem eigenen freien Willen heraus passieren, denn erst dann kann man jemanden überhaupt wirklich erreichen und versuchen einen Unterschied zu machen und die Möglichkeiten dazu gibt es genug.“

Autor

Franz Ungermann

Franz Ungermann