„Etwas mit Menschen“

Eine junge Frau will Hebamme werden

Nici Zoller, 21 Jahre, Foto: privat

Hebamme ist ein altbekannter Beruf, und obwohl er sich selbstverständlich über die Jahre sehr gewandelt hat, geht es immer noch um das eine, die Betreuung Schwangerer, Geburten und der Kinder und ihrer neuen Eltern nach der Geburt. Der deutsche Hebammenverband besagt, dass eine Betreuung von Beginn einer Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit das Wohlergehen und die Gesundheit von Mutter und Kind stärken kann. 

Es ist heutzutage jedoch so, dass, obwohl die Anzahl von Hebammen und Geburtshilfen in den letzten Jahren gestiegen ist, viele junge Eltern trotzdem Probleme haben, Hebammen in ihrer Umgebung zu finden und wegen des Mangels keine Geburts- oder Wochenbetthilfe in Anspruch nehmen können. Es wäre, um Hebammen und Geburtshilfen zu entlasten und diesen Mangel abzuschaffen, wichtig, dass mehr Menschen sich dazu entscheiden diesen Beruf zu erlernen und auszuüben, auch deswegen ist die Entscheidung von Nicola Zoller, hier Nici genannt, Hebamme zu werden, so beeindruckend.

Ein langer Wunsch

Nici macht seit einem halben Jahr ein Praktikum und ein FSJ auf der Wochenstation der Frauenklinik Ulm mit dem Ziel, den Beruf Hebamme zu Studieren. Sie ist 21 Jahre alt, liest gerne, verbringt ehrenamtlich ihre Zeit als Schwimmtrainerin beim „DLRG“, also bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft und kümmert sich gerne um ihre Pflanzen. Auf die Frage, wie sie auf die Idee kam ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr), auf einer Wochenstation einer Klinik zu machen, sagt sie folgendes: „Also bei mir, muss ich sagen, ist das so ein bisschen eine längere Geschichte. Ich wusste eigentlich schon immer, dass ich etwas mit Menschen machen möchte, aber ich wollte auch irgendeinen praktischen Teil dabeihaben. Ich wollte sozusagen nicht nur mit dem Menschen reden, sondern wollte ich auch noch etwas ‚Produktiveres‘ zu tun haben. Und dementsprechend war relativ früh klar, okay, ich würde gerne in den medizinischen Bereich gehen.“

Weiter erzählt sie, dass ihre Cousine freiberufliche Hebamme ist und Sie dadurch schon früher ein Praktikum bei ihr machen konnte. So wusste sie, dass sie gerne Hebamme werden würde. Letztes Jahr beendete Nici erfolgreich ihr Abi und bewarb sich ab September bei der Wochenstation der Frauenklinik Ulm. Wegen Corona und Personalmangel seitens der Klinik verschob sich jedoch alles noch auf Anfang Januar, seitdem ist Nici aber mit Spaß bei der Sache.

Ist das noch Deutsch?

Angefangen hat das FSJ gar nicht als Solches, sondern als Praktikum, welches ursprünglich bis Ende Februar geplant war. Es wurde dann auf Ende März verlängert, bis Nici glücklicherweise von der Stationsleiterin gefragt wurde, ob sie daran interessiert wäre, ein FSJ in der Klinik zu machen. Anfangs war es für Nici schwierig, den Durchblick zu behalten, um was es gerade ging. Ihr wurde ein Zettel zu Verfügung gestellt, um sich alle Namen und Abkürzungen aufzuschreiben. Dazu sagt sie: „Ich bin erstmal so ein bisschen lost gewesen, weil man wirklich so dran steht […] ‚Okay, warum steht jetzt bei ein paar Frauen SP und bei ein paar Frauen S?‘ Das eine steht für Sektio, also Kaiserschnitt, und das andere steht für Spontangeburt. Da dachte ich mir so ‚Ich weiß ihr sprecht Deutsch, aber ich verstehe trotzdem nur gewisse Teile‘.“

Die Aufgaben für Nici und ihre Kolleginnen bestehen unter anderem darin, nach dem Wohlbefinden der frischen Mütter und deren Babys zu sehen, wenn nötig medizinische Hilfe zu leisten, zum Beispiel in Form von Schmerzmitteln, Anti-Thrombose-Spritzen oder Infusionen und natürlich die vielen Fragen zu beantworten, die Mütter haben. Nici selbst darf als FSJlerin keine medizinische Hilfe leisten, hilft aber mit wo sie gebraucht wird und lernt so mehr und mehr von dem Job kennen. Da geht es beispielsweise darum, sich um frische Betten zu kümmern oder darum, dass neue Patientinnen richtig verlegt werden. Trotzdem ist ein großer Teil des Jobs die Beratung und Unterstützung: „Wir erklären Ihnen, wie das mit dem Stillen funktioniert, wir zeigen ihnen, wie sie ihre Kinder wickeln, wir beantworten Ihre Fragen, wir kontrollieren ob die Blutung, die sie nach der Geburt haben, regulär ist. Wenn sie einen Kaiserschnitt hatten, schauen wir wie es ihnen geht und ob die Wunden so verheilen wie sie sollen.“ Von all den wichtigen Bereichen der Arbeit einer Hebamme, interessiert Nici die Geburt momentan am meisten. Sie hat im Zuge ihres FSJs noch keine miterleben können, ist aber sehr neugierig was dieses Thema angeht.

Ein Praktikum in der Pandemie

Covid-19 hat die Arbeit auf der Station erheblich vermehrt und obwohl Sie es kaum anders kennt, merkt Nici die Auswirkungen trotzdem. Patientinnen müssen erst mit einem PCR Test getestet werden bevor sie richtig in die Station aufgenommen werden. Frauen, die negativ getestet werden, können auch mit anderen Frauen zusammengelegt werden. Wenn eine Patientin positiv getestet wird, wird sie in ein einzelnes Zimmer verlegt. Das schafft viel Arbeit, da die Frauen mehrmals mitsamt ihren Habseligkeiten verlegt werden müssen bis sie ihre Bleibe erst einmal haben.

Bei einem positiven Corona Fall haben die Mitarbeiter*innen der Station bestimmte Abläufe und Maßnahmen, die gestartet werden. Zum einen wird das Isolationszimmer der Patientin erst einmal an der Tür gekennzeichnet, damit niemand das Zimmer ohne Berechtigung und Schutz betritt. Des Weiteren werden alle nötigen Gerätschaften wie zum Beispiel ein Blutdruckmessgerät in dem Zimmer platziert, damit möglichst wenige Dinge aus dem Zimmer herumgereicht werden müssen und alle nötigen Abläufe in dem Zimmer stattfinden können. Letztlich muss jeder, der das Zimmer betreten will, sich voll mit Schutzklamotten einkleiden. Nici sagt dazu: „Also, wenn die Frauen positiv getestet sind, dann ist es so, dass ich da gar nicht mehr reindarf, weil, dann noch nur fertig ausgebildete Hebammen oder Krankenschwestern reindürfen, und Ärzte natürlich. Die müssen sich dann komplett verkitteln, also sie bekommen dann bei uns einen gelben Überhang, es sieht aus wie die OP Hemden bei Grey’s Anantomy. Dann bekommst du Handschuhe, eine Haube für dein Haar, ein Gesichtsschutzschild, Mundschutz und eine Schutzbrille. Dementsprechend bist du eigentlich komplett verkittelt.“ Die Schutzkleidung wird vor dem Zimmer platziert, um alles möglichst zu vereinfachen.

Nachdem die Patientin entweder entlassen oder negativ getestet wurde, wird das Zimmer erst einmal voll desinfiziert. „Es gibt ‚reguläres Saubermachen‘ und dann gibt es, wir nennen es, ‚Scheuer und Wisch‘ wo dann wirklich alles intensiv desinfiziert wird und man dann auch eine Zeit lang, nachdem das gemacht wurde nicht mehr in dieses Zimmer darf. Ich nenne das liebevoll jetzt mal einen ‚Cooldown‘ bevor sie sagen ‚okay jetzt ist wieder alles frei, jetzt kann man es wieder verwenden.‘“

Zukunft in der Geburtshilfe

Der Job und die Ausbildung als Hebamme sind anspruchsvoll, jedoch grundlegend wichtig in dieser Gesellschaft. Jungen Menschen, die an dem Beruf Hebamme oder an einem Studium in dem Bereich interessiert sind, rät Nici ein Praktikum zu machen, um herauszufinden, ob der Job wirklich der richtige ist. Das erhöht auch die Chance darauf, einen Platz im Studium zu bekommen und bereitet einen darauf vor, was der Job beinhaltet. Nicis Rat für ein Praktikum ist, sich an freiberufliche Hebammen zu wenden und diese auf Hausbesuche zu begleiten.

Erst kürzlich hat sich Nici Zoller auf ein duales Studium als Hebamme beworben und erwartet gespannt eine Antwort. Sie würde gerne alle Aspekte des Berufs erleben und hat festgestellt, dass ihr der Beruf noch immer viel Spaß macht, trotz heftiger Arbeitszeiten und viel Anstrengung. Mit dem Studium könnte sie nicht nur einen Bachelor-Abschluss bekommen, sondern auch umfassende Erfahrungen sammeln, die später im Beruf nützlich werden können.

Autorin

Helen Lindenmann

Helen Lindenmann